TAG 1 – Anfahrt & Aufstieg
Fünf Uhr. *Gähn*, ok Wecker du hast ja recht, großartige Dinge starten immer früh am Tag. Also raus aus den Federn, Frühstück rein, einen Kaffee hinterher und flugs den Rucksack fertig gepackt (habe ich wirklich alles dabei?!? Wo ist eigentlich mein WW Objektiv?). Auf gehts nach München, Eva abholen die als Nachrückerin im DAV Hochtourenkurs bei mir mitfahren wollte. Wir hatten ausgemacht uns an der U-Bahn Haltestelle Innsbrucker Ring zu treffen. Der Treffpunkt lag neben anderen Möglichkeiten recht gut auf der Strecke. Eva an Bord, weiter gehts.
Die Venedigergruppe
Von München aus ist man mit dem Auto in gut zweieinhalb Stunden am Matreier Tauernhaus welches im Gschlößtal in Osttirol liegt. Das Gschlößtal selbst ist ein Seitental des Tauerntals in der Hochgebirgsregion Hohe Tauern (Nationalpark Hohe Tauern) in den Zentralalpen. Der rund 120 km lange und bis 3.798m hohe Alpenhauptkamm stellt die geografische Mitte der Ostalpen dar. Die Venedigergruppe – unser Ziel – bildet zusammen mit einigen anderen Gebirgsgruppen die Hohen Tauern.
Nachdem die Fahrt nach Matrei in Osttirol mit Evi lustig und kurzweilig war, sind wir nach der Passage durch den Felbertauerntunnel (mautpflichtig!) auch gleich am Matreier
Tauernhaus angekommen. Dort gibt es einen zwar kostenpflichtigen, dennoch vergleichsweise günstigen Tourengeherparkplatz. Wichtig ist zu erwähnen dass der Parkautomat auch Geldscheine annimmt. Eventuell ist das interessant für diejenigen, die ihr Auto für mehrtägige Unternehmungen abstellen wollen.
Am Parkplatz sind wir dann auch zu den anderen Kursteilnehmern Steffi, Marcela, Felix und Flo getroffen. Fehlte eigentlich nur noch Franz, unser Bergführer. Mit ein wenig Verspätung wurden wir von ihm dann auch gleich nett begrüßt. Seinem ersten Vorschlag, nämlich ein Taxi bzw. den “Steyr Express” nach Innergschlöß zu nehmen, haben wir sofort angenommen. Auf den drei, vier Kilometern nach Innergschlöss gewinnt man nur vergleichsweise wenig an Höhe. Ein Weg den wir uns daher dankbar gespart haben.
Fast schon touristenmäßig fühlte es sich an, als Franz nach einem kurzen Marsch meinte dass wir unsere Rucksäcke mit der Materialseilbahn der Neuen Prager Hütte nach oben bringen lassen können. So im Nachhinein war das gar nicht verkehrt, war der Aufstieg zur Hütte doch ein ordentlicher Hatscher nach oben, und der Rucksack mit der schweren Ausrüstung war auch nicht gerade der Leichteste.
Während wir uns auf den Zustieg zu unserem Stützpunkt unterwegs befanden meinte Franz dass es hier oben einfach zu warm ist, und auch ich war überrascht. Eigentlich stößt man in vergletscherte Regionen vor, und dennoch ist einem zu heiß. Der Sommer 2018 hat es einfach in sich, auch im Hochgebirge war es viel zu warm. Dafür war das Panorama welches sich uns immer weiter eröffnet hat der Wahnsinn! Der Gletscher. So viel Eis, und das viele Schmelzwasser welches die Hänge herunterstürzt. Kaum vorstellbar dass hier so viel Eis existieren kann. Dafür tauchten Meldungen über zurückgehende Gletscher in meinem Kopf auf 🙁
Das Gelände selbst ist sehr felsig, fast wie ein Irrgarten durch den man sich seinen Weg bahnt. Beeindruckend wie in dieser Landschaft, in der ein Großteil des Jahres Schnee liegt, sich Pflanzen ansiedeln können. Pionierpflanzen wie Algen, Flechten und Moose und später Gräser säumen den Weg. Der Weg selbst zur neuen Prager Hütte nicht besonders schwer, was man allerdings merkt ist die Höhe und der dadurch geringere Sauerstoffdruck was in einer höheren Atemfrequenz resultiert. Von Matrei auf 1.512m geht es zur Hütte auf 2.796m hoch, ein Anstieg von gut 1.200m. Die Rucksäcke über die Materialseilbahn zu transportieren war doch keine so dumme Idee!
Neue Prager Hütte – unser Stützpunkt
Nachdem wir die Hütte erreicht und unser Quartier bezogen hatten, führten wir am Nachmittag gleich noch einen Ausrüstungscheck gemeinsam mit unserem Bergführer Franz durch. Gerade die Steigeisen bzw. deren Verriegelung muss bombenfest am Stiefel sitzen. Klingt logisch, wer will schon auf dem Gletscher das Eisen verlieren. Danach hatten wir etwas Freizeit vor dem Abendessen, und konnten von der Hütte aus die Gegend bestaunen.
Franz riet uns dazu den einen oder anderen Spritzer (Weinschorle, Anm. d. R.) zu trinken, da wir von Münchner Höhe von ca. 500m auf über 2.700m aufgestiegen sind. Auf dieser Höhe schläft man sonst die erste Nacht nicht so gut, und der nicht akklimatisierte Körper regeneriert sich nicht so schnell. Normal ist eine Höhendifferenz von 600 bis 800 Meter pro Tag zur Akklimatisation zu machen. Gut, wenn der Franz das sagt… Prost. A Kniespreizerle könnte man a no trinken meinte er. Franz war echt ein sehr sympathischer Typ. Nach dem einen oder anderen Schlummifix vor dem Schlafengehen fragen wir: “Franz, was machen wir morgen?” “Ah, schau mer mal. Wir machn a Gletschersafari. Aber keine Angst. Des mach ma gmütlich. Gleichmäßig. Vollgas!”
Ein Gefühl beschlich mich dass alle Bergführer Franz heißen müssen. So will es das Gesetz.
Gmütlich. Gleichmäßig. Vollgas.
Gute Nacht.
TAG 2 – Auf Gletschersafari
Tag zwei und damit der erste ganze Tag auf 2.800m plus. Der rote Spritzer hat geholfen, ich habe erstaunlicherweise sehr gut geschlafen und starte erholt in den Tag. Heute ist es nicht so stressig hat Franz gemeint. Wir frühstücken zu einer humanen Zeit, packen die Rucksäcke mit dem Notwendigsten um Gewicht zu sparen, und machen uns im strahlenden Sonnenschein auf den Zustieg zum Gletscher auf.
Zwischen Felsbrocken und über kleinere Schneefelder hinweg wandern und steigen wir ca. 50 Minuten, bevor wir unseren Ausgangspunkt gelangen. “Klettergurt, Gamaschen und Steigeisen anlegen!” ruft Franz. Ich schlüpfe in den Klettergurt, lege meine Gamaschen an und montiere meine Steigeisen an meine Schuhe. Reihrum reicht er das Seil, in dessen Achterknoten wir uns mit unseren Safelock Karabinern einhängen. Und los gehts, wir machen die ersten Schritte auf Eis!! Unter dem *crunch* *crunch* *crunch* unserer Steigeisen gewinnen wir langsam an Höhe. Die Aufregung weicht der Begeisterung. Woah.
Franz bittet um meine Kamera die ich ihm gerne gebe. Ich bin der Letzte in der Seilschaft, er vorne. Klar dass er da ganz andere Bilder machen kann als ich oder einer
von uns, da wir alle beschäftigt sind mit gehen und lernen. Franz führt uns nach einem kurzen Anstieg in ein Spaltenfeld welches wir durchqueren. Wie über Stock und Stein geht es zwischen die Spalten hinein, hinab, hinauf. Das Gelände ist ideal um viele Gehtechniken mit den Steigeisen zu lernen. Abenteuerlich ist es trotzdem, vor allem ungewohnt. Aber es macht Spass. Wir sind dort unterwegs wo nur die wenigsten hinkommen. Ein unglaubliches Erlebnis. Franz erklärt dass der Gletscher an dieser Stelle circa 80 bis 90 Meter mächtig ist. Dementsprechend tief können auch die Gletscherspalten sein. Hui! Besser nicht darüber nachdenken. Weiter erfahren wir dass es ungefähr zehn bis fünfzehn Meter an Schnee braucht um durch Druck einen Meter Eis entstehen zu lassen. Wundert mich nicht dass trotz viel Schnee die Gletscher schrumpfen wenn die Wärme den Schnee wegfrisst.
Knoten & Tourenplanung
Wir steigen wieder hinab in Richtung Anseilplatz und beenden unsere Safari. Steigeisen aus, kurze Rast. Franz erklärt und erzählt munter, was wichtig ist und worauf man achten muss. Wir machen auf zurück zu unserem Stützpunkt neue Prager Hütte. Dort angekommen machen wir eine kleine Einheit Knotenkunde. Prusiken, Sackstich, Mastwurf, Halbmastwurf(sicherung), Spierenstich und Achterknoten, was man halt so braucht. Anschließend stellen wir unsere Schuhe zum trocknen in die Sonne raus und verräumen unsere Ausrüstung. Wir essen etwas und erholen uns von unserem ersten Ausflug ins ewige Eis, bevor am Nachmittag Tourenplanung auf dem Programm steht. Wir teilen uns in zwei Gruppen auf, und bekommen jeweils unterschiedliche Wegpunkte von Franz vorgegeben. “Die Planung einer Tour sollte ungefähr genauso lange dauern wie die Tour selbst.” Recht hat er, der Franz. Gerade die Zeit wie lange man für eine Tour brauchen wird ist ein entscheidender Faktor für den Aufbruch in der früh.
Auf die Frage ob wir eine von den Touren machen werden, schmunzelt Franz nur. “Vielleicht mache ich mit euch auch eine Kombination von beiden“. Soso, na das kann ja interessant werden. Auf die nächste Frage wann wir denn morgen starten werden, hat Franz wie schon den ganzen Tag über immer noch keine richtige Antwort parat. “Das hängt ein bisschen vom Wettr und den Temperaturen ab. Wenn es gefriert, dann sind die Schneebrücken über die Spalten stabiler. Ich sag es euch noch, ich sehe was ich beim Wirt für uns erreiche.” Sogenannte “Bergsteiger” haben sich anscheinend unmöglich aufgeführt die Nacht bzw. den Abend davor. Dass da der Hüttenwirt keinen Bock mehr hat, für uns Hansln auch noch ein “Thermofrühstück” zu richten, ist verständlich. Eine besondere Würze bekommt sowas wenn man bedenkt dass Wilfried Studer mit seiner Frau und Tochter 12 Jahre versucht haben den Everest zu besteigen, und es im 12. Jahr geschafft haben. Und jetzt die Hütte umtreiben, kochen und sich um lausige Bergsteiger kümmern die nicht wissen wie man sich aufführen sollte. Menschen, ey!
Dafür bekommen wir von Wilfried Studer einen seiner Filme gezeigt, nämlich über seine Besteigung des Everests. Ungeschönte, ehrliche Bilder. Interessant!
“Du sollst das erste Bier zum Mittag trinken“, also spätestens zum Mittag soll man vom Gletscher runter sein, und “Packt heute Abend noch den Rucksack, leicht, nur das Nötigste. Damit wir in der früh gleich aufbrechen können und zügig vorankommen. Und sprecht nicht von unseren Plänen, scheucht niemanden auf, seid leise in der früh.” ermahnt uns Franz. Das riecht nach einem großen Abenteuer, Franz. Man merkt dass man von ihm viel lernen und erfahren kann. Dass er in der Bergrettung viel unterwegs ist, der Großglockner sein zuhause sei und er eigentlich Schafbauer ist. Voll sympathisch der Franz. Ich mag ihn.
Ein oder zwei Spritzer nach dem Abendessen, ein paar Geschichten später und wir sind alle müde in die Betten gekrabbelt.
Morgen wartet ein unbekanntes Abenteuer auf uns.
TAG 3 – Fünf Dreitausender in fünf Stunden
*Piepedipieeeep* der Wecker ist unerbittlich. Gottseidank schreit er nicht um vier, halb fünf Uhr früh. Obwohl mir das auch recht gewesen wäre wenn wir so früh hätten raus müssen, die Stirnlampe ist eh dabei. Es ist kurz vor sechs, aufstehen und frühstücken. Nicht rumsandeln sondern gleich raus. Das Wetter soll die nächsten Tage schlechter werden, also machen wir heute unsere große Tour schon. Wir sind alle heiß und um halb sieben bereits unterwegs richtung Gletschereinstieg in Tourenhose und T-Shirt. Es ist zwar frisch, aber und wird schon warm werden. Vor uns sind bereits zwei Seilschaften auf dem Gletscher erkennbar, ihr Vorsprung in etwa eine gute Stunde schätzt Franz.
Auf zum Gipfelsturm auf den Großvenediger
Steigeisen anlegen, in die Seilschaft einklinken. Kamera an Franz übergeben. Los gehts. Wir ziehen zügig auf dem Eis nach oben ohne uns lange aufzuhalten und folgen der bereits angelegten Spur. Das Gletscherspalten Feld in dem wir gestern noch rumgeturnt sind, lassen wir links liegen und steigen weiter auf. Gmütlich. Gleichmäßig. Vollgas. Plötzlich bricht Evi in den Schnee ein :-O Nicht durchgebrochen, Glück gehabt. Franz dreht sich um, grinst, zückt die Kamera, löst aus. Nebel hüllt uns ein, wir laufen weiter und passieren auf dem zweiten Keesboden gewaltige Gletscherspalten. Viel größer als die von gestern. Das muss man selbst gesehen haben um es zu glauben. Franz meint unsere Hütte könnte man in solchen Spalten leicht versenken. Puh!
Wir laufen weiter und holen zu den Seilschaften auf die uns voraus sind. Irgendwie fühlt es sich an als ob die Leistungssportgruppe im T-Shirt die bereits ordentlich eingepackten Gruppen überholen und an ihnen vorbeiziehen. Ha, wir habens halt drauf! Wir passieren den Kleinvenediger, lassen ihn rechts liegen und steigen zügig richtung Großvenediger auf. ‘Der Tourenplan meiner Planungsgruppe’ kommt mir in den Sinn. Ich versuche mir die markanten Wegpunkte ins Gedächtnis zu rufen die wir aufgeschrieben hatten. Erst vor dem Zustieg zum Großvenediger halten wir kurz an und ziehen uns ein langes Oberteil an, steigen aber gleich weiter. Kurz vor dem Grat zum Gipfel wird das Wetter garstig. Es beginnt zu regnen und wir ziehen unsere Hardshelljacken drüber. Mit beschissener Sicht laufen wir über den Gipfelgrat den wir uns mit zurückgehenden Gruppen teilen. Nicht gerade ermutigend wenn der Regen auf der Brille die Sicht trübt. Man kann das Gelände erahnen wenn man auf beiden Seiten die Eiswand in den Nebel abfallen sieht wie das wohl bei gutem Wetter wirken würde. Noch wenige Meter trennen uns vom Gipfel.
Und so stehe ich am
5. August 2018 um 9:21 Uhr
auf dem Gipfel des Großvenedigers in 3.662m Höhe.
Wir jubeln und fallen uns unter “Berg Heil” Wünschen um den Hals. Kurze Rast, etwas essen und trinken sagt Franz bevor es gleich weiter geht. Der Tag ist noch jung, klar dass wir noch weitergehen. Was genau Franz geplant hat, hat er immer noch nicht aus dem Sack gelassen. Wir verlassen den Großvenediger und steigen hinab auf den Großvenedigersattel. Wir überqueren den Sattel und steigen weiter durch Mixed Gelände aus Eis und Fels auf das Hohe Aderl mit 3.506m. Dreitausender Nummer zwei. Aber auch hier halten wir uns nicht allzu lange auf. Franz hat Großes mit uns vor. Mir dämmert es so langsam. Wieder hinab und über das Rainertörl auf das Rainerhorn auf 3.559m. Dreitausender Nummer drei. Und noch nicht am Ziel, auf Marcelas Frage hin wo denn jetzt die Hütte genau sei sagt Franz dass er mit uns fünf Gipfel machen will. Ich pfeife bereits sprichwörtlich aus dem letzten Loch. Das Gehen mit Steigeisen fordert seinen Tribut, die Oberschenkel brennen und ich japse nach Luft. Aber ich will auch nicht die Tour abbrechen lassen, weiter geht es. Zähne zusammenbeissen!
Vom Rainerhorn geht hinab über eine sehr blanke Eisflanke, als Franz an deren Ende plötzlich einsinkt aber nicht einbricht. Puh, Glück gehabt. Für alle nachkommenden heißt es jetzt einen weiten Sprung vom Eis aus über diese Schneebrücke zu machen. Ich muss mich kurz sammeln bevor ich diesen Satz wage. Zack, gelandet, ich stehe. Erleichterung. Wir steigen weiter auf durch Eis uns Fels zur schwarzen Wand, und erreichen den Gipfel mit 3.506m ü. A.. Dreitausender Nummer vier. Ich bin am Ende meiner Kräfte, wieviel noch drin steckt? Keine Ahnung. Franz tröstet dass der letzte Gipfel nicht mehr weit ist. Von der schwarzen Wand aus sehen wir bereits den Hohen Zaun mit 3.457m. Wir steigen hinab und queren rüber zum Hohen Zaun den wir erschöpft und glücklich erreichen. Ich bin kaputt, kotze sprichwörtlich beinahe, mir schießen Tränen der Erleichterung in die Augen. Franz reicht seine Mannerschnitte herum, Gott schmeckt die Geil!! Ich beschließe ab sofort immer eine Mannerschnitte als Proviant mitzunehmen.
Zurück zur Hütte
Jetzt fehlt eigentlich “nur” noch der Weg zurück, irgendwie muss man ja wieder hinunter kommen. Und dieses Hinunter wird nochmal richtig spannend. Wir steigen vom Hohen Zaun hinab, und sehen recht bald dass der Weg uns durch steiles Gletschergelände führen wird. Ich schätze auf rund 35 Grad Neigung (you gonna be kidding me?!??). Franz dreht die Seilschaft um, Evi führt und geht als Erste voraus, Franz hinter uns. Der Seilabstand zwischen uns wird verkürzt, damit wir – sollte eine/r von uns Rutschen – sofort den Sturz auffangen können, ohne dass die/der Fallende viel Geschwindigkeit aufbauen kann. Langsam tasten wir uns den schneebedeckten Hang hinunter während Evi uns phänomenal führt. Hut ab!
Am unteren Ende des Hangs angekommen, vergrößern wir den Seilabstand wieder und queren weiter über den Gletscher hinüber zur anderen Seite auf der unser Hüttenstützpunkt steht. An Gletscherspalten vorbei und wahren Sturzbächen an Schmelzwasser (da muss doch bald kein Eis mehr übrig sein!!!) gelangen wir endlich wieder auf felsigen Untergrund. Wir verbleiben nicht lange an diesem Ort und machen uns rasch auf den Weg durch das Felsgelände zur Hütte, es ist schlechtes Wetter angekündigt. Während Flo, Steffi, Evi und Felix uns weit voraus sind, werden Marcela, ich und Franz nochmal richtig eingeweicht vom Regen. Gott wie gut die Abkühlung tut. Etwas nasser als geplant erreichen wir die Hütte. Ausrüstung zum Trocknen aufhängen. Heute habe ich mir das Gipfelweizen mehr als verdient. Was für ein großartiger Tag.
Fünf Dreitausender in Fünf Stunden. Und der Kleinste war 3.457m.
Überglücklich feiern wir mit Franz unseren Erfolg und realisieren so langsam was wir da eigentlich geschafft haben. Ich glaube für uns alle war das ein echtes Highlight welches wir erleben durften. Franz lacht laut als ich sage “Das kann keiner nachvollziehen was wir heute geschafft haben. Die sollen alle scheissn gehn!“. Mit einem gemeinschaftlichen “Ho Ruck! Ho Ruck! Ho Ruck!” reichen wir die Runde Schnaps die Franz spendiert hat herum, und stoßen wir gemeinsam mit einem Kniespreizerle auf unseren Erfolg an.
TAG 4 – “Was? Nein, ich kann gerade nicht. Ich hänge in der Gletscherspalte rum!”
Unser Vierter und damit letzter Tourentag bricht an. Das Wetter ist trotz allen Voraussagen wieder sonnig geworden. Nach einem entspannten und gemütlichen Frühstück heißt es heute Spaltenbergung üben. Denn im Ernstfall sollte man wissen was man zu tun hat. Wir üben zuerst etwas unterhalb der Hütte trocken auf einem Felsabsatz der dafür gut geeignet ist. Franz bildet zwei Teams und lehrt uns wie wir eine “lose Rolle” aufbauen um eine/n Gestürzte/n aus einer Gletscherspalte zu ziehen. Entlastung bauen, Selbstsicherung, Karabiner ablassen, Rücklaufsperre mit der Prusik, klappt schon ganz gut. Franz ist zufrieden. Wir machen eine kleine Pause bevor es Ernst wird.
Ausrüstung packen und los. Wir steigen wieder auf den Gletscher und üben nun in einer echten Gletscherspalte. Franz erzählt begeistert die eine oder andere Story dazu. Wilde Gschicht! Franz übernimmt die Führung der Seilschaft und sucht uns in einem Spaltenfeld eine hübsche, nicht allzu garstig aussehende Spalte. Wir lernen wie man eine Eisschraube am Besten setzt, diese mit einer zweiten vorsichtshalber absichert und eine Reihenschaltung baut. Dann werden wir in zwei Teams jeweils einzeln in die Spalte hinabgelassen, worauf die verbleibenden zwei Teamkollegen die/den Dritte/n herausziehen müssen. Schon irgendwie ein mulmiges Gefühl in einer Gletscherspalte zu hängen, allerdings auch verdammt faszinierend. Was wir zuvor trocken geübt haben klappt jetzt. Franz ist wieder zufrieden mit uns. Aufgabe gemeistert. Wir ziehen mit einem guten Gefühl weiter. Auf dem Weg zurück zeigt Franz uns noch den “toten Mann” Anker, einen Eispickel als T-Anker zu vergraben. Interessant, ich ziehe aber trotzdem die Eisschraube vor sofern möglich.
TAG 5 – Zurück ins Tal
Der letzte Tag bricht an. Wir stopfen unsere Rucksäcke voll mit unserer Ausrüstung und gehen frühstücken. Abschiede sind immer doof. Ich mochte das Team und die Hütte sehr. Franz fragt ob wir ihm böse sind wenn er nicht mit uns nach unten geht, er habe versprochen beim Hubschrauberflug zu helfen. Wir verabschieden uns von ihm und stecken ihm als Dankeschön ein kleines Geschenk zu, und machen uns auf den Weg.
Wir nehmen einen etwas anderen Weg nach unten als wir nach oben genommen haben, und durchqueren das Kar welches der Gletscher hinterlassen hat. Beeindruckend diese Landschaft. Unterwegs kommen wir an einem verendeten Schaf vorbei. Mist, das hätte ich für den FloHansen knipsen können. Wir gehen weiter, passieren das Auge Gottes, hüpfen zur Erfrischung kurz in einen kleinen Bergsee und erreichen schließlich den Wasserfall passierend wieder den Talboden. Unsere Ausrüstung wartet bereits am Ende der Materialseilbahn auf uns. Zurück nach Innergschlöß, und von dort mit dem Taxi zurück ans Tauernhaus, welches wir nach einer kurzen Brotzeit verlassen und zurück nach Hause fahren. Ich bringe Evi in München nach Hause und fahre dann selbst heim.
Ein Abenteuer auf fünf Dreitausendern endet.